GenussSINN
Der Glückskekser

Jürgen Philipp
Interview Michael Rohrdrommel - 4 Min. Lesezeit
Michael Rohrdrommel ging das pampige Glücksgebäck beim Chinesen auf den Keks. Also entwickelte er die besten und nachhaltigsten Glückskekse der Welt samt passender selbst getexteter Sprüche. Der Startup-Unternehmer gewann damit Awards - und die Herzen der Kunden und Investoren.

Was ist das? Es schmeckt nach gezuckertem Karton und in ihm steckt ein Zettel, auf dem oft etwas komplett Sinnbefreites wie: „Lebe dein Tage wie Pferdchen in Suppe“ (Originalspruch) steht. Richtig, Glückskekse! Michael Rohrdrommel dachte schon vor 15 Jahren nach, wie man diesem kulinarischen, aber kultigen Elend etwas entgegensetzen kann. „Es gibt am Markt immer einen Platz für ein schlechtes und ein gutes Produkt. Das gute gab es noch nicht.“ In nur fünf Monaten hat der ehemalige Eventmanager den ersten Happykeks zur Marktreife gebracht. Verwendet werden ausschließlich Fair-Trade-Rohstoffe, die Kekse sind vegan, frei von Palmöl und sie werden in Paritätischen Werkstätten zur Unterstützung körperlich und geistig beeinträchtigter Menschen produziert. Mittlerweile ist Happykeks in zahlreichen Handelsketten gelistet, eines der Top-Produkte bei Amazon und in eigenen Editionen für Liebespaare und Kinder (auch die Sprüche stammen von Kindern) erhältlich. Michael Rohrdrommel erzählt, was ihn antreibt, warum er die Welt happy machen möchte und wie seine Sprücheklopfer arbeiten.
SINNterest: Sie scheinen ziemlich „happy“ zu sein. Ist das ein Grundcharakterzug von Ihnen?
Michael Rohrdrommel: Ja, ich war schon immer ein fröhlicher, aufgeweckter Mensch. Anfang der 1990er-Jahre hatte ich aber eine lebensverändernde Begegnung. Ein US-Jurist, der in Deutschland lebt, hat mir beigebracht, dass es an allen Seiten etwas Positives gibt und dass man, egal was man in seinem Leben macht, es mit Spaß und Liebe machen oder es sonst bleiben lassen sollte.
SINNterest: Wie kam es zum „Keks-Erweckungserlebnis“?
Rohrdrommel: Ich habe die Idee lange mit mir herumgetragen. Zwischen 2014 und 2017 machte ich schwierige Zeiten durch, es gab Todesfälle in der Familie und die Trennung von meiner Frau. 2017 besuchte ich im Zuge meiner Trennung einen spirituellen Workshop und habe dort das erste Mal von meiner Idee erzählt. Der Idee, einen guten Glückskeks zu entwickeln. Der würde die Menschen in eine bessere Stimmung bringen, denn Schokolade macht bekanntlich glücklich. Dort ist dann der Name Happykeks entstanden. Im November 2017 habe ich dann mit der Umsetzung begonnen, im Februar 2018 wurden schon die Layouts angefertigt. Wir haben uns durch 50 Kakaosorten durchgekostet. Am 4. April 2018 gab es dann den bereits ersten vermarktungsfähigen Keks.
Wenn die Energie, die man aufwendet, um anderen Menschen die Schuld zu geben, in etwas Nützliches investiert, dann lässt sich etwas aufbauen.
SINNterest: Ein ziemlich schneller Go-to-market-Prozess. Wie war das möglich?
Rohrdrommel: Bei Startups geht es um Geschwindigkeit. Viele bremsen und meinten, wir sollten Studien zur Marktforschung beauftragen. Doch für mich ist die beste Marktforschung der Markt selbst. Wenn man etwas mit Leidenschaft und Energie macht, dann dreht man ohnehin jeden Tag an den richtigen Zahnrädern, egal was man tut.


SINNterest: Der Keks ist das eine, der Spruch das andere. Woher nehmen Sie die Inspiration für die Sprüche?
Rohrdrommel: Die Sprüche fallen mir tatsächlich zu. Ich habe immer nachts meine kreative Zeit, schreibe, formuliere wieder um, formuliere weicher. Meist sind meine Sprüche zu lang. Mein Team kürzt dann noch. Am Anfang habe ich alle Sprüche selbst entwickelt, jetzt kann jede*r über unsere Webseite Sprüche einreichen, allerdings nur selbst formulierte.
SINNterest: Sie haben gleich Investoren*innen begeistern können, konnten in der „Höhle der Löwen“ überzeugen. Kann man sagen: „Investment geht durch den Magen“?
Rohrdrommel: Ja, vielleicht. Unternehmer*innen zeichnen sich meistens durch hohe Energie und Disziplin aus, aber auch durch sehr viel Positivität. Positive Menschen ziehen Positive an. Wir sind keine Gurus, aber wir sind gut drauf und gehen menschlich miteinander um. Heinrich Prokop etwa ist ein echter Inspirator, der immer gut drauf ist. Happy zieht diese Menschen wie ein Magnet an. DJ Antoine ist auch einer unserer Investoren. Er wollte mit unseren Keksen ein Jahr auf Tour gehen. Die „Höhle der Löwen“-Sendung wurde am 1. März 2020 ausgestrahlt und am 3. März 2020 waren die Grenzen zu. Er schreibt uns aber einen Song und die Tour steht dann bald an. Kai Pflaume ist auch ein solcher Mensch, einer mit viel Leidenschaft. Er hat mich in seine Sendung eingeladen, weil er den Beruf „Glückskeksspruchautor“ erraten ließ.
Wenn wir alle unsere Talente in die Welt bringen würden, würden wir nicht da stehen wo wir stehen. Gier und Angst verhindern so vieles.
SINNterest: Was würden Sie Startups raten, die gerade am Anfang stehen?
Rohrdrommel: Macht es mit Leidenschaft und Feuer, wenn es in euch nicht brennt, lasst es sein. Steht dahinter und fragt euch, warum ihr das machen wollt. Was ist euer Motiv? Wenn euer Motiv ist, Mehrwert in die Welt zu bringen, dann gebt ihr Energie in die Welt und bekommt sie zurück. Das ist ein Energieaustausch. Wenn wir alle unsere Talente in die Welt bringen würden, würden wir nicht da stehen wo wir stehen. Gier und Angst verhindern so vieles. Den Charakter eines Menschen erkennt man im Supermarkt und im Straßenverkehr, da bemerkt man sofort die ganzen Egoist*innen, die sich gegenseitig austricksen, um schneller an der Kasse zu sein. Startups arbeiten aber anders. Da gibt es keinen Egoismus und man tauscht sich aus.
SINNterest: Wie kommen wir aus dieser Egoismusfalle wieder heraus?
Rohrdrommel: Die Menschen in Deutschland sind immer sehr gerne in der Opferrolle. Sie suchen immer jemanden, der schuld ist, weil es bei ihnen gerade nicht läuft. Der große Fehler ist, dass man Verantwortung für Dinge die einem passieren nicht selbst übernimmt. Der Staat ist schuld, die Nachbarn, wer auch immer. Wir müssen die Verantwortung wieder für uns selbst übernehmen, dann beginnt sich wieder etwas zu entwickeln. Wenn die Energie, die man aufwendet, um anderen Menschen die Schuld zu geben, in etwas Nützliches investiert, dann lässt sich etwas aufbauen.
SINNterest: Was macht für Sie Sinn?
Rohrdrommel: Mein eigener Leitspruch ist: „Wahrer Erfolg ist, wenn ein Mensch leichter atmet, weil es dich gibt.“ Für mich gibt es kein Gut und Böse, sondern nur Situationen. Wenn ich alles mit Spaß und Liebe mache, kann auch Brötchenkaufen Spaß machen. Das merken die Verkäufer*innen und sie atmen schon ein wenig leichter. ●